Das Geheimnis der Hundertjährigen„Heute fühle ich mich wie achtzig.“ Wie oft hast du das schon gesagt, wenn es dir nicht gut ging? Wir bringen Alt-Sein in Verbindung mit Vorstellungen wie: sich schlecht fühlen, hinfällig sein, krank, schwach, halb taub, keinen Spaß mehr haben, dement sein, inkontinent, hilfsbedürftig und auf Andere angewiesen. Wie mag das dann erst bei den Hundertjährigen sein…?

Na, ertappt? Siehst du das auch so? Dann kann ich dir nur raten, lass das bloß diesen Hundertjährigen nicht hören:

 

 

 

Das war im Oktober 2011 beim Marathon in Toronto. 6 Monate davor, am 01. April 2011 war Fauja Singh 100 Jahre alt geworden.  Beim 6. ING europe-marathon luxembourg am 11.06.2011 hat er als erster Läufer überhaupt die Altersklasse M 100 besetzt. Und er läuft noch immer. Zwar hat er seine Marathon-Karriere inzwischen beendet, läuft jedoch täglich noch etwa 5 Meilen – sonst fühlt er sich nicht wohl, sagt er.

Die älteste Frau der Welt war Madame Jeanne Louise Calment, sie lebte in Arles. Ein Jahr vor ihrem Tod, also mit 121 Jahren, besprach sie zu Rap- und Techno-Rhythmen eine CD mit ihren Lebenserinnerungen. Sie wollte damit Geld verdienen, um ein paar Kleinbusse für ihr Altenheim zu finanzieren. Auf die Frage, worauf sie ihr hohes Alter zurückführe, antwortete sie: „Gemüse, Knoblauch, Olivenöl und Portwein.“ Na, dann habe ich ja schon mal ganz gute Aussichten. Obwohl – Portwein ist nicht so mein Ding. Da ist mir ein trockener Rotwein doch viel lieber.

Allein in Deutschland lebten 2014 fast 17.000 Menschen, die 100 Jahre alt waren oder älter. Und Wissenschaftler beschäftigen sich inzwischen sogar eher mit den „Super-Centenarians“, der Altersgruppe 110+. In den siebziger Jahren waren es viel, viel weniger, nur rund 300 Menschen erlebten ihren 100. Geburtstag oder gar darüber. Studien, die sich mit Menschen im Alter von 80 Jahren und mehr befassen, gibt es in Deutschland leider nicht viele. Schade, nicht? Wir würden doch sooo gern das Geheimnis lüften – oder die Geheimnisse.

Wir haben jedoch Glück – da gibt es HD 100, in der ausschließlich Hundertjährige untersucht werden. Das ist die Heidelberger Hundertjährigen-Studie des Instituts für Gerontologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Daraus zitiere ich jetzt einfach mal ein paar zentrale Aussagen:

Zitat: Für diese Entwicklungen … sind weniger genetische Faktoren verantwortlich zu machen, da der Anstieg der durchschnittlichen Lebensdauer sich sehr rasch vollzogen hat. Ein wichtiger Faktor stellt hierbei der Rückgang der Sterblichkeit der über 80-Jährigen dar, der in Deutschland erst nach 1970 eingesetzt hat.

Aha, Anstieg der durchschnittlichen Lebensdauer durch Rückgang der Sterblichkeit der über 80-jährigen? O. k., das leuchtet irgendwie ein…

Zitat: Exakt die Hälfte der Teilnehmer wohnte in Einrichtungen der Altenhilfe und 20% bei Verwandten. Die Entscheidung, die eigene Wohnung aufzugeben, war überwiegend im achten bis neunten Lebensjahrzehnt gefallen. 30% der Hundertjährigen lebten weiterhin selbstständig in ihrer Wohnung.

Na das ist doch schon was, immerhin ein Drittel macht seinen Kram noch allein.

Zitat: Demenz ist ein weitverbreitetes Phänomen im hohen Alter, das jedoch nicht zwangsläufig eintreten muss. Selbst mit 100 Jahren lässt die kognitive Leistungsfähigkeit Raum für interindividuelle Unterschiede. Ca. ein Drittel der Hundertjährigen weist keine oder nur geringe Leistungseinbußen auf, Der Anteil der Personen mit sehr starken Defiziten (Demenz) wird von uns auf ca. 50% geschätzt. Eine gute Schulbildung und lebenslange geistige Aktivitäten reduzieren das Risiko, mit 100 Jahren an einer Demenz zu leiden.

„Solange Ältere ihr Gehirn fordern, bleibt es lebendig und aufnahmefähig. Es lässt sich nachweisen, dass bereits verkümmerte Hirnareale durchs Lernen wieder stärker werden“, sagte Professor Hüther von der Uni Göttingen. Lass dich deshalb verführen zu lebenslangem Lernen. Du tust dir damit wirklich etwas Gutes. Gerade ältere Menschen, die immer wieder Neues lernen, erhalten viel Bewunderung von ihrer Familie, Freunden und Bekannten. Und – ehrlich – das tut doch einfach richtig gut. Auch dazu erfährst du mehr in meinem kostenlosen E-Book, das du dir hier rechts auf der Seite holen kannst.

Zitat: Trotz zahlreicher kognitiver und funktionaler Beeinträchtigungen sehen die meisten Hundertjährigen ihr Leben sehr positiv. 86% wollen das Beste aus ihrem Leben machen, und für 75% hat das Leben mit 100 Jahren einen Sinn. … Deutlich wurde außerdem, dass personale Ressourcen wie beispielsweise die Gesundheit, das soziale Netzwerk und auch das Persönlichkeitsmerkmal Extraversion einen direkten Einfluss darauf zu haben scheinen, wie glücklich sich Hundertjährige fühlen. Werden allerdings Überzeugungen wie beispielsweise Selbstwirksamkeit oder Einstellungen wie Lebenswillen gleichzeitig berücksichtigt, so fungieren diese als Mediatoren: Der größten Teil der Ressourceneffekte wird über Einstellungen und Überzeugungen vermittelt.

Ja, mal wieder unsere Glaubenssätze. Das ist so ein Riesenthema, das würde den Rahmen hier allerdings sprengen. Aber darauf komme ich ganz sicher an anderer Stelle zurück.

Vor ein paar Jahren hat eine Forschergruppe von der Boston University von sich reden gemacht (s. Artikel in der Online-Ausgabe von Sience vom 01.07.2010), die ebenfalls dem Quell der ewigen Jugend hinterherjagt. Diese Gruppe hat 150 verschiedene Merkmale im Erbgut identifiziert, die für ein langes Leben offenbar ausschlaggebend sind. Gleich zu Beginn schreiben diese Forscher jedoch: Gesundes Altern wird nicht allein durch die Gene bestimmt. Und wer weit vor seiner genetisch definierten Zeit stirbt, ist häufig selbst schuld. „Rauchen, fehlende Bewegung und üble Ernährung sind die gängigsten Abkürzungen in den Tod“, sagte der Altersforscher Tom Perls schon vor vielen Jahren.

Unsere Lebenserwartung ist tatsächlich nur zu 20 – 30 % durch die Gene vorgegeben. Und unsere Gene sind nicht starr, sondern ein Leben lang formbar. Sogar sie lassen sich teilweise – um es mal ganz einfach auszudrücken – über einen gesunden Lebensstil programmieren und steuern. Das heißt doch, wir haben es zu einem sehr großen Teil in der Hand. Wenn Sie wüssten, es geht, ein langes und gesundes, erfülltes Leben zu führen, sozusagen jung und gesund zu bleiben beim Altwerden, wie wäre das für Sie?

Und was ist jetzt mit dem Geheimnis der Hundertjährigen? Ist es nun gelüftet oder nicht? Wir wissen sicher längst noch nicht alles, auch wenn schon sehr vieles bekannt ist. Und ständig gibt es neue Erkenntnisse, es bleibt spannend.

 

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